Leben ohne richtig oder falsch: Wie dir Kreativität Raum für Selbstentdeckung schenkt
- Valerie Giger
- 15. Dez. 2024
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 12. Jan.

Manchmal scheint es, als sei die Welt ein einziges Labyrinth aus Erwartungen, Regeln und ständigen Bewertungen. Vieles davon macht uns das Leben vermeintlich leichter. Aber oft führt es auch dazu, dass wir den Kontakt zu uns selbst verlieren.
Wir passen uns an, suchen nach dem richtigen Weg – und vergessen dabei, dass es überhaupt nicht darum geht, alles „richtig“ zu machen.
Was wäre, wenn es kein „richtig“ oder „falsch“ gäbe? Wenn es nur Raum gäbe – Raum für dich, für deine Gedanken, für das, was du wirklich fühlst? Dieser Raum kann ein Moment sein. Ein Atemzug. Oder eine Linie auf einem leeren Blatt Papier.
Wie wir lernen, uns an äußeren Bewertungen zu orientieren
Ich erinnere mich an eine Teilnehmerin in einem meiner Workshops. Sie saß vor ihrem leeren Blatt Papier, den Stift in der Hand, und fragte mich: „Wie soll ich anfangen? Was, wenn ich es falsch mache?“ In diesem Satz lag so viel Unsicherheit – aber auch ein Spiegel dessen, was viele von uns verinnerlicht haben: dass wir bewertet werden, dass es Regeln gibt, die wir befolgen müssen.
Von klein auf lernen wir, uns an äußeren Vorgaben zu orientieren. Schon in der Schule geht es darum, Aufgaben richtig zu lösen und Fehler zu vermeiden. Es gibt klare Anleitungen, Ziele und Ergebnisse, die bewertet werden. Das gibt uns Sicherheit – aber es nimmt uns auch die Freiheit, einfach Ich zu sein.
Vielleicht spürst du das auch in deinem Alltag. Dieses leise Unbehagen, das aufkommt, wenn du dich mit anderen vergleichst. Der Druck, etwas perfekt machen zu müssen, oder die Angst davor, zu scheitern.
Was wir dabei übersehen: Es gibt keinen perfekten Weg. Es gibt nur deinen eigenen.
Kreativität: Ein bewertungsfreier Raum für Selbstentdeckung
Als ich der Teilnehmerin antwortete, sagte ich nur: Was, wenn es kein falsch gibt? Was, wenn alles, was du machst, genau richtig für dich ist?“ Sie schaute mich an, fast überrascht, und begann langsam, Linien auf das Papier zu ziehen. Erst vorsichtig, dann mutiger. Am Ende hielt sie ihr Blatt hoch und sagte: „Ich wusste gar nicht, dass ich das darf."
Dieser Moment hat mir gezeigt, wie tief verankert die Idee von richtig und falsch in uns ist – und wie befreiend es sein kann, sich einfach dem Prozess hinzugeben. Kreativität ist ein Raum , in dem es keine Bewertungen gibt. Es geht nicht darum, etwas Schönes oder Sinnvolles zu schaffen. Es geht darum, dich selbst zu entdecken.
Eine Methode, die ich dabei sehr schätze, ist die Neurographik. Sie ist ein Werkzeug, das dir erlaubt, dich selbst zu entdecken. Du beginnst mit einfachen Linien, die sich überschneiden und verbinden. Nach und nach fügst du Abrundungen hinzu, und während sich das Bild harmonisiert, passiert oft etwas Magisches: Auch in dir selbst entsteht eine neue Ordnung. Gedanken klären sich, Gefühle werden sichtbarer, und du spürst, dass du nicht perfekt sein musst, um wertvoll zu sein.
Was geschieht, wenn du dir Raum gibst
Vielleicht scheint es zu banal: ein Stift, ein Blatt Papier, ein paar Linien. Aber genau in dieser Einfachheit liegt die Kraft. Wenn wir uns erlauben, ohne Plan und ohne Ziel zu beginnen, öffnet sich ein Raum für das, was in uns verborgen liegt. Es ist, als würdest du eine Tür öffnen, hinter der etwas wartet – etwas, das gesehen oder gespürt werden will.
Oft überrascht uns, was dabei entsteht. Nicht, weil es groß oder bedeutend ist, sondern weil es ehrlich ist. Weil es deins ist.
Ich erinnere mich an einen Abend, an dem ich selbst nach einem langen Tag den Stift in die Hand nahm. Mein Kopf war voll, alles fühlte sich eng an. Ohne nachzudenken, begann ich zu zeichnen. Die Linien waren zunächst chaotisch, dann fließender. Es war nicht schön – zumindest nicht im klassischen Sinn. Aber ich fühlte, wie sich mit jeder Linie etwas löste. Es musste nichts werden, es durfte einfach sein. Am Ende schaute ich auf mein Blatt und spürte: Ich war mir ein kleines Stück nähergekommen.
Vielleicht ist es das, was wir im Leben oft suchen – nicht die perfekte Antwort, sondern uns selbst zu begegnen. Und zu sein ohne etwas erreichen zu müssen.
Ein Gedanke zum Mitnehmen
"Deine Freiheit beginnt dort, wo du aufhörst, dich selbst zu bewerten."
Vielleicht möchtest du dir diesen Satz mitnehmen. Vielleicht magst du ihn für einen Moment in dein inneres nehmen – in dir bewegen-in deinem Kopf, in deinem Herzen, oder mit einer Linie, die du auf ein Blatt Papier ziehst.
Fazit: Ein Leben ohne richtig oder falsch
Es braucht Mut, aus der Welt der Bewertungen auszutreten und dir selbst Raum zu geben. Aber wenn du es wagst, entdeckst du etwas Wertvolles: Dich. Nicht in einer perfekten Form, sondern so, wie du bist.
Vielleicht möchtest du heute einen Moment für dich schaffen. Einen Augenblick, um den Stift über das Papier gleiten zu lassen. Nicht, um ein Bild zu zeichnen, sondern um dir zuzuhören.
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